Donnerstag, 15. September 2022

Rezension: Wir beide, irgendwann




Klappentext

Im Mai 1996 bekommt die 16-jährige Emma ihren ersten Computer geschenkt. Mithilfe ihres besten Freunds Josh loggt sie sich ein und gelangt zufällig auf ihre eigene Facebook-Seite – 15 Jahre später. Geschockt stellt sie fest, dass sie mit 31 Jahren arbeitslos und unglücklich verheiratet sein wird. Josh hingegen, bislang alles andere als ein Frauenheld (der erst kürzlich von Emma einen Korb bekommen hat), wird das hübscheste Mädchen der ganzen Schule heiraten und zudem seinen Traumjob ergattern. Emma ist jedoch nicht gewillt, sehenden Auges in ihr Unglück zu laufen. Um das Zusammentreffen mit dem Jungen zu verhindern, der sie später mal unglücklich machen wird, beginnt sie, bewusste Änderungen in der Gegenwart herbeizuführen. Doch der Versuch, in ihr Schicksal einzugreifen und dadurch ihr künftiges Facebook-Profil zu verändern, setzt eine fatale Kettenreaktion in Gang …“


Erstkontakt

Witzigerweise kam mir das Buch in letzter Zeit in Buchläden immer wieder unter die Augen, obwohl es doch schon aus dem Jahre 2012 ist!
Die abstrakte Covergestaltung und die Farbpalette ist jene, die mich persönlich sehr anspricht und da ich auf Worte wie "Irgendwann" automatisch reagiere... nun ja. Ich musste zugreifen.
Zudem war ich interessiert, was der Autor von "Tote Mädchen lügen nicht" als nächstes zu fabrizieren wusste...


Mein Leseerlebnis

Du denkst dir nichts Böses und dann entdeckst du deine ganze Zukunft auf einer 15 Jahre entfernten Seite namens "Facebook"? Ein Schock, den wohl jeder nachvollziehen kann. Ich war sehr gespannt darauf, als Emma tatsächlich ihren "Zukünftigen" anrief und sich mit ihm unterhielt. Würde sie ihn treffen? Würden sie den Kontakt aufrechterhalten? Leider nein. Schade, denn das hätte ihre Bemühungen und die weitreichenden Folgen für die Zukunft durchaus noch würziger machen können.
Demnach beruhen die getroffenen Entscheidungen nur auf dem Lesen von Stati, Posts und Bildern dieser mysteriösen Netzwerkseite.

Zum Ende hin ist es dann aber gar kein "geheimer Wettstreit", wie Emmas beste Freundin Kellan ihr und Josh anlastet, sondern die unausgesprochenen Gefühle zueinander, welche die zwei auch zusammenführt. Es mag sein, dass ohne "Facebook" Josh niemals für Sydney eingestanden wäre, er dadurch keine Beachtung durch andere Mädchen und ihr erfahren hätte und Emma sich ihrer Gefühle nicht so schnell bewusst gewesen wäre, aber... ich bin der Überzeugung, dass es dennoch passiert wäre, denn Josh ist ein Junge mit Werten, welche er auch so zu vertreten gewusst hätte, als Sydney im Kurs bloßgestellt wurde.
Was Emma betrifft, hätte Sportler Cody sie auch so angegraben - immerhin hatte er sie als Leichtathletikerin im Blick und sie ein Auge auf ihn geworfen. Dass er sich als infantiler Idiot herausstellt und auch noch als Macho, war für sie gewiss eine gute Lektion, auf ihr Inneres zu hören. 


Was genau gibt uns das Ende des Romans mit?


Zum einen, dass es kein "perfekt" gibt, und man an den meisten Dingen arbeiten muss. Dann, dass vieles auch Einstellungssache ist - so, wie ich mich selbst sehe, werde ich auch von anderen gesehen und behandelt. Aufrichtigkeit und Kommunikation - auch wenn es schwer fällt. Akzeptanz von manchen Dingen, die sich nicht ändern lassen. Kämpfen, auch wenn es für andere unverständlich ist.
Lebe vor allem im Jetzt!


Wie wird das Buch erzählt? 


Obwohl ich anfangs wegen der eher knackigen Erzählweise Emmas bzw. Joshs skeptisch war, hat mich diese vollkommen mitgerissen und ehe ich mich versah, sind aus dreißig gelesenen Seiten fünfzig und daraufhin auch schon einhundert geworden.

Der von Kapitel zu Kapitel wechselnde Perspektivwechsel zwischen Emma und Josh machte für mich als Leserin einfach, deren Gedankengänge und Gefühle zu verstehen und damit auch die auftauchenden Konflikte. Mit einem omnipräsenten Erzähler wäre dies gar nicht möglich gewesen und Emmas sowie Joshs Charakter wäre sehr verschoben rübergekommen.

Ich finde es in der Hinsicht allerdings schade, dass die gute Freundschaft zwischen Emma, Josh, Kellan und Tyson erst sehr spät in den Vordergrund rückte. Meist war es nur "Emma und Kellan" oder "Tyson und Josh", was vor allem den komplizierten Beziehungen zueinander geschuldet war. Sicherlich hätten aber ein, zwei gemeinsame Kapitel noch einmal das Band zwischen ihnen festigen können.

Ebenso negativ empfand ich gespielte "Coolness" der Jugendlichen, als gehörte ihnen die Welt. Ich erlebe es so oft in amerikanischen Romanen/Filmen, dass sich die Teenager wie Erwachsene benehmen, auch so reden, aber dann Hausarrest bekommen, weil sie noch nicht volljährig sind. Ob nun die Lagerfeuerparty zum Ende des Buches oder auch Emmas zig Jungs-Bekanntschaften. Oder Joshs versuchte Fernbeziehung. Das alles ist mir zu "erwachsen" und unpassend. Ein paar kindischere Verhaltensweisen hätte ich mir da schon sehr gewünscht, denn gerade im Kontrast zur 31jährigen-Facebook-Emma lagen wenig geistige Jahre dazwischen.

Gleiches gilt für "Sydney": ein typischer Teenager-Charakter, eine Heather Chandler (wenn auch etwas netter). Kein weiterer Tiefgang. Sie wird als Love Interest eingeführt, als Ältere und Konkurrentin, verliert aber ihre eigene Festigkeit.

Dies sind Dinge, die mir zu klischeehaft sind.

Was ich allerdings sehr, sehr schön fand: Die Anspielungen und Erwähnungen alten Gutes von 1996 und davor. Sei es Musik, seien es Produkte, die es heute nicht mehr gibt...
Die Zeitreise funktioniert damit nicht nur nach vorne, sondern auch rückwärts und gerade diejenigen von uns, die in den 90ern aufgewachsen sind, werden so einiges mit einem "das kenn ich!" verbinden.
Kritisch zu betrachten - und damit ebenso gut aufgegriffen! - ist die vorhandene Queerfeindlichkeit jener Zeit: Als gleichgeschlechtliche Paare noch nirgendwo heiraten durften. Als es ein Skandal war, wenn der Sohn sich outete und und und... Eine durchaus mögliche Zukunftsaussicht für 2011, aber für 1996 noch nicht so verbreitet. (Wir denken hierbei bitte auch an Homosexuellenfeindlichkeit und den Glauben, dass AIDS als "Gay Plague" bezeichnet wurde).




Titel: Wir beide irgendwann

Originaltitel: The Future of Us

Autoren: Jay Asher und Carolyn Mackler

Übersetzer: Knut Krüger

Genre: Jugendliteratur

Verlag: cbt Verlag

ISBN-13: 978-3570161517

Format: Gebunden

Seitenanzahl: 400 Seiten

Preis: 17,99 €

Erschienen: 27. August 2012



Bibliographie und Disclaimer

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