Montag, 2. Januar 2023

Rezension: Dear Evan Hansen

  







Inhaltsangabe

Nobody Deserves to be Forgotten

Ein nie für die Augen anderer bestimmter Brief lässt Evan Hansen als engsten Freund eines toten Mitschülers erscheinen. Dem einsamen Evan eröffnet sich durch dieses Missverständnis die Chance seines Lebens: endlich dazuzugehören. Evan weiß natürlich, dass er falsch handelt, doch nun hat er plötzlich eine Aufgabe: Connors Andenken zu wahren und den Hintergründen seines Todes nachzuspüren. Alles, was er tun muss, ist weiter vorzugeben, Connor Murphy habe sich vor seinem Selbstmord allein ihm anvertraut. Plötzlich findet sich der unsicht- und unscheinbare Evan im Zentrum der Aufmerksamkeit. Sogar der des Mädchens seiner Träume – Connors Schwester.


Erstkontakt

Vor zwei Jahren habe ich das erste Mal das Musical gesehen, welches die Grundlage zu diesem Buch bot. Ich liebte die Songs, ich liebte die Charaktere und als ich nun den Roman in die Hände bekam, konnte ich nicht anders als zuzugreifen. 

Mein Leseerlebnis 

Die Geschichte rund um Evan ließ mich im geschriebenen Wort kritischer werden. Ich war gespannt darauf, ob sich im Buch die Verstrickungen Evans mit Connors Familie vom Musical unterscheiden oder ich neue Informationen zu einem der Charaktere bekomme.

Ich ließ aus Jux im Hintergrund die Musical Tracklist zu den passenden Szenen laufen und das wiederum machte das Lesen noch erfreulicher. Kennt ihr das, wenn ihr einen Film gesehen gehabt, dazu das Buch lest und euch dazu die passenden Momente vor Augen kommen? Ich liebe das!

Trotz allem spürte ich aber beim Lesen eine schwerfälligere Atmosphäre als beim Gucken des Musicals. Die Leichtigkeit, die in diesem durch die poppigen Songs und des darstellenden Spiels vermittelt wird, findet sich im geschriebenen Wort nicht wieder. Hingegen spürt man die Überforderung Evans Mutter, die negative Grundeinstellung Connors (nach seinem Tod) und ebenso die Verzweiflung Connors Eltern, weil sie ohne Evan nicht über den Tod ihres Sohnes hinwegzukommen scheinen - besonders Connors Mutter.

Was genau gibt uns das Ende des Romans mit?


Du bist nicht allein. 

Du kannst über dich hinauswachsen.

Das geschriebene Wort ist mächtig. 

Deine Taten haben Konsequenzen.


Wie wird das Buch erzählt? 


Ich sprach bereits die Schwerfälligkeit des Buches an: Natürlich hängt dies auch mit den Grundthemen zusammen: ein Teenager mit psychischer Erkrankung, eine zerrüttete Familie, Suizid, Trauer, ... 
Nichts davon ist leichte Kost, und dies sollte man sich bewusstmachen:

- Evan geht zur Therapie, muss Medikamente einnehmen und gerät regelmäßig an seine Grenzen.
- Evans Mutter ist alleinerziehend und überforderte Krankenschwester, die ihren Sohn regelmäßig vernachlässigen muss, weil sie Angst um ihren Job hat.
- Evans "Freund" Jared, welcher zwar "Komplize" Evans wird, allerdings im Grunde sich gar nicht als dessen Freund sieht und Evan dies auch regelmäßig spüren lässt
- Connors Familie ist zerrüttet und tiefgespalten - Connor, mit dem es anscheinend immer Probleme gab.
- Zoe, die sich nach dem Tod ihres Bruders erst recht in ihre Musik zurückzieht.
- Die MitschülerInnen Evans und Zoes, welche ein ganzes Business aus Connors Tod heraufziehen wollen und für noch mehr Probleme sorgen...


Der Roman wird aus Evans Perspektive erzählt, so dass wir von Anfang an Zugang zu seinen intimsten Gedanken und Gefühlen haben. Wir spüren seine eigenen Unsicherheiten, erleben das erste Verliebtsein und werden Zeuge davon, wie er sich u.a. dank Jared immer weiter in seine Lügen rund um Connor verstrickt... 

Zwischendurch gibt es auch Kapitel aus der Sicht Connors, die uns begleiten und Einblick in seinen Charakter geben, welcher sonst ja bereits früh aus der Geschichte scheidet. Als Geist schwebt er sozusagen über dem Geschehen und lässt uns an seinen Empfindungen teilhaben.

Eine weitere Erzählform im Roman sind die eingeworfenen kurzen Chatverläufe zwischen Evan und Jared, welche die Story noch gegenwärtiger und moderner machen.


Lügen haben lange Beine


Jared ist hierbei eine interessante Figur, die sowohl Motivator als auch Kritiker für Evans Handlungen darstellt. Auf der einen Seite lässt er sich von diesem überreden, gemeinsam die E-Mails zu verfassen, die sich Evan und Connor angeblich geschickt haben. Dass Jared dabei sogar Spaß hat, lässt sich nicht bestreiten. 
Doch als Evan nun sogar von Connors Eltern zum Essen eingeladen wird und dort noch mehr über seine (ausgedachte) Freundschaft zu ihrem verstorbenen Sohn erzählen soll, wird es selbst Jared zu tricky und er rät Evan ab.

Dieser hingegen kann sich nicht mehr aus der Zwickmühle befreien und das Netz der Fiktion wird immer größer und größer. Da auch noch die MitschülerInnen ein Gedenken an Connor errichten wollen, wird dieses Lügenmärchen zu einer ganzen Novelle und Evan bekommt immer größere Probleme.

Gleichzeitig hätte er aber nicht mit Zoe anbändeln und dabei auch seine eigene Angst und Scheu vor Menschen und der ersten Liebe überwinden können, wenn dies alles nicht geschehen wäre.
Durch die Aufmerksamkeit, die Evan zuteilwurde, und seine Worte, wurde er ebenso in die Mitte der "beliebten Kids" gezogen und das wiederum pushte sein Selbstbewusstsein.
Es geht sogar so weit, dass er seiner Mutter die Meinung geigen kann und sich selbstständig aus der Medikamentenabhängigkeit zieht. Ein krasser Schritt!

Kann man Evan nun einen Vorwurf machen?

Zum einen hatte er am Anfang versucht, das Missverständnis aufzuklären, dass der anfängliche Brief nicht von Connor verfasst wurde - doch man hörte ihm nicht zu. Zum anderen tat er dies nicht aus Böswillen, sondern verfolgte zunächst das Gegenteil: Wenn der Brief Connors Familie ein wenig Seelenfrieden schenkte... dann würden es weitere Worte auch? Und das Video, welches von seiner Rede im Internet ohne seine Erlaubnis gepostet wurde, war auch keine Absicht Evans.

Doch dann kommen wir zu den Gelüsten der Menschen: Evan erfährt Beliebtheit. Er wird gehört, unterstützt, gemocht. Dinge, die er so in der Schulgemeinschaft nicht erfahren hat. (Wir erinnern uns, dass auch Jared kein richtiger Freund ist) Das Mädchen seiner Träume (Zoe) redet ebenso mit ihm und das alles will man auch nicht einfach wieder verlieren?

Umso schlimmer dann die Offenbarung, dass alles nur eine Lüge war... wenn auch eine sehr gute Lüge.

Zugreifen oder nicht?


Definitiv! Ich kann mich als Erwachsene zwar eher in Evans Mutter hineinversetzen (gerade auch, was ihr Job als Krankenschwester betrifft), aber dennoch waren mir die Charaktere nicht unsympathisch.
Der Spannungsbogen ist beispiellos und man fiebert mit, wie sehr dieser noch in die Höhe getrieben kann, bis die absolute Katastrophe eintritt... und wie diese gelöst wird.




Titel: Dear Evan Hansen
Autoren: Val Emmich, Steven Levenson, Benj Pasek, Justin Paul
Übersetzer: Catrine Frischer

Genre: Jugendliteratur
Verlag: cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
ISBN-13: 9783570165652

Format: Gebunden
Seitenzahl: 416 Seiten

Preis: 18,00€
Erschienen: 2. September 2019


Bibliographie und Disclaimer

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